Richtig Streiten braucht Verständnis

Richtig streiten und kommunizieren mit dem Partner

Manchmal wird im Gespräch mit dem Partner oder der Partnerin aus einer Mücke ein Elefant. Oft sind Probleme in der Kommunikation schuld. Doch zum Glück kann jeder richtig streiten lernen.

Kommunikationsprobleme

Bei vielen Paaren läuft ein Streit nach dem gleichen Muster ab. Meistens beginnt es ganz harmlos, zum Beispiel mit der Frage: „Schatz, hast du schon die Glühbirne ausgewechselt?“ Schnell schaukelt sich dann die Situation hoch. Er vertröstet sie ständig, sie fühlt sich nicht respektiert, er macht ja eh immer alles falsch und zum Schluss knallen beide mit den Türen oder einer verlässt wütend die Wohnung.

Na, kommt dir das auch bekannt vor? Irgendwie kennt jeder solche Situationen. Und wenn nicht aus der Partnerschaft, dann von Gesprächen mit den Eltern, den Kindern, Arbeitskollegen oder Lehrern. Woran liegt das eigentlich?

Richtig Streiten braucht Verständnis

Ganz vereinfacht gesagt, hat das Paar aus unserem Beispiel ein Kommunikationsproblem. Sie reden quasi aneinander vorbei. Das erschwert ihnen das richtig Streiten. In der Kommunikationswissenschaft werden Gesprächen und Unterhaltungen ganz vereinfacht so ausgedrückt, dass eine Botschaft vom Sender zum Empfänger geschickt wird.

Diese ist ganz vielfältig, sie kann gesprochen oder geschrieben sein, aber auch Mimik und Gestik senden Nachrichten. Damit die Botschaft richtig vom Sender beim Empfänger ankommt, müssen beide auf einer Wellenlänge liegen. Und da liegt eigentlich schon der Kern des Problems.

Das Vier-Ohren-Modell

Der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun hat das sogenannte „Vier-Ohren-Modell“, oder auch Kommunikationsquadrat, entwickelt. Seiner Auffassung nach hat jede Nachricht vier Seiten, die unterschiedlich von uns aufgenommen, bzw. gesendet werden.

Auf der Sachebene vermitteln wir die ganz einfache Sachlage: Worum geht es? Zum Beispiel oben wäre das: „Die Glühbirne ist defekt.“

Die nächste Seite, die der Selbstaussage, offenbart Informationen, die der Sender über sich mitteilt: „Ich glaube, die Glühbirne ist noch nicht ausgewechselt. Ich hatte dich darum gebeten.“

Auf der Appellseite wird vermittelt: „Ich fordere dich auf, die Glühbirne zu wechseln.“

Und schließlich vermittelt die Nachricht unter dem Beziehungsaspekt, wie der Sender zum Empfänger steht: „Ich erwarte von dir, dass du dich um die Glühbirne kümmerst.“

Wie du dir bestimmt denken kannst, ist das in der Praxis nicht immer so einfach zu trennen. Deswegen birgt die Kommunikation jede Menge Konfliktpotenzial.

Wie tickt mein Partner oder meine Freundin?

Das Vier-Ohren-Modell kann euch aber helfen, eure Kommunikation zu verbessern und richtig streiten zu lernen. Denn diese vier Seiten einer Nachricht gibt es auch auf der Empfänger-Seite. Darum auch vier Ohren: Wie höre ich eine Nachricht, wie meine Partnerin?

Beobachtet euch in den nächsten Wochen mal genau. Wie reagiert ihr auf Nachrichten? Springst du immer sofort auf, um das Fenster zu schließen, wenn jemand sagt, ihm sei kalt? Dann hörst du wahrscheinlich verstärkt auf dem Appellohr. Zweifelt deine Partnerin nach Aussagen wie „Du hast schon wieder die Zahnpasta offen gelassen“ sofort an sich selbst oder der Beziehung? Dann hört sie verstärkt auf dem Beziehungsohr.

Wenn ihr das im Hinterkopf behaltet, könnt ihr richtig streiten lernen. Denn dazu gehört, Aussagen so zu formulieren, dass sie beim Anderen richtig ankommen und sie oder er die Nachricht genauso versteht, wie du sie meinst.

Gewaltfreie Kommunikation hilft beim richtig Streiten

So vermeidet ihr Kommunikationsprobleme, die meistens einen Streit erst richtig eskalieren lassen. Dabei können euch die Grundlagen der gewaltfreien Kommunikation (GFK) helfen. Die Grundvoraussetzung dafür ist Empathie. Das bedeutet, eine Sachlage so zu formulieren, dass das eigene Anliegen klar wird, ohne den anderen zu verletzen. Dafür gibt es ein paar ganz einfache Spielregeln.

Tipps für’s richtig Streiten

  • Vermeide absolute Wörter wie immer und nie, alles und nichts.

  • Formuliere ich-Botschaften, keine du-Sätze. Rede über deine eigenen Gefühle und vermeide, die deiner Partnerin zu interpretieren.

    Sage statt „Du hilfst mir nie, ich muss immer alles, alleine machen“ lieber: „Ich möchte, dass du mir mit dieser Sache hilfst. Ich schaffe es nicht alleine. Ich denke, zu zweit sind wir schneller fertig.“

  • Formuliere klar dein Anliegen.

    Statt: „Schatz, hast du schon die Glühbirne ausgewechselt?“ lieber: „Ich glaube, die Glühbirne ist noch nicht gewechselt. Ich möchte, dass du daran denkst. Vielen Dank, dass du dich darum kümmerst.“

  • Vergangenes bleibt vergangen. Bleibt beim aktuellen Thema und holt nicht die uralten Kamellen hervor. Dazu gehört auch, Fehler zu verzeihen und zu vergessen.

  • Wählt den richtigen Zeitpunkt. Manchmal ist es besser, mit dem Thema auf einen günstigen Moment zu warten. Wenn die Kinder grade rumquengeln und ihr deswegen gestresst seid, lasst es nicht aneinander aus. Es ist besser, mit dem Gespräch bis zum Abend zu warten, an dem ihr Zeit füreinander habt.

  • Streitet konstruktiv. Macht zum Schluss immer eine Bestandsaufnahme und findet eine Lösung. Was habt ihr aus dem Gespräch gelernt und was wollt ihr in Zukunft verbessern?

  • Sachlich bleiben. Keine Beleidigungen, kein Schreien, keine fliegenden Teller oder knallenden Türen. Haltet eure negativen Gefühle im Zaum, denn ihr verletzt nur euch selbst und den Partner damit. Auch eine kurze Auszeit während des Streits hilft, erhitzte Gemüter zu beruhigen. So könnt ihr wieder ruhig miteinander reden.

  • Übung macht den Meister. Diese Ratschläge mögen erst einmal befremdlich auf euch wirken. Auch fällt es am Anfang schwer, sich klar zu formulieren und über seine Gefühle zu sprechen. Bleibt einfach am Ball und fragt immer bei eurem Partner nach, wenn euch etwas unklar ist.