Wirkstoffe von Johanniskraut

Johanniskraut – eine „schwierige“ Arzneipflanze mit Tradition

Johanniskraut wird seit der Antike gegen verschiedene Krankheiten eingesetzt. Es entfaltet innerlich und äußerlich seine Heilkraft und ist noch längst nicht ganz erforscht. Aber Vorsicht vor den Wechselwirkungen mit Medikamenten!

Seit 1999 wählt der Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg die Arzneipflanze des Jahres. 2015 war es das Johanniskraut. Es sei traditionell und aktuell von großer Bedeutung, jedoch sei es eine „schwierige“ Arzneipflanze, so der Studienkreis. „Noch vor 15 Jahren galt das Johanniskraut als die am besten untersuchte Arzneipflanze, dennoch konnten seine Wirkungsmechanismen bislang nicht vollständig geklärt werden“, sagt Dr. Johannes Mayer, Medizinhistoriker und Mitglied im Studienkreis.

Wirkstoffe von Johanniskraut

Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) ist eine einheimische Heilpflanze, die in der Pharmazie, der Homöopathie oder als Hausmittel eingesetzt wird. Verschiedene Sorten von Johanniskraut wurden schon in der Antike als Heilkräuter verwendet, um Brandwunden, Ischias oder Harnwegs- und Menstruationsbeschwerden zu behandeln. Im „Lorscher Arzneibuch“, einem mittelalterlichen Dokument der Klostermedizin, wird das Echte Johanniskraut erstmals zur Behandlung der „Melancholie“ empfohlen. Johanniskraut enthält ätherisches Öl, entzündungshemmende Flavonoide, Harze und Gerbstoffe, antibakterielles Hyperforin und Hypericin. Nach heutiger Forschung wirken Hypericine gegen Viren sowie stimmungsaufhellend bei depressiven Verstimmungen. Zudem wirkt Johanniskraut wundheilend sowie harn- und galletreibend.

Johanniskraut als Tee, Kapseln oder Rotöl

Johanniskraut bzw. daraus hergestellte Produkte können abhängig von der Dosierung sowohl frei im Handel erhältlich als auch verschreibungspflichtig sein. Therapeutisch verwendet werden Tees, Extrakte und Öl aus den blühenden Triebspitzen. Denn vor allem die Blütenknospen, die geöffneten Blüten und die noch grünen Fruchtkapseln sind reich an Wirkstoffen. Johanniskrautöl – oder auch Rotöl – kann sowohl innerlich als auch äußerlich angewendet werden. Innerlich angewendet kann es bei Verdauungsbeschwerden, die mit entzündlichen Prozessen einhergehen, eingesetzt werden. Äußerlich angewendet eignet es sich nach Angaben des Studienkreises zur Behandlung von Schnitt- und Schürfwunden sowie stumpfen Verletzungen wie Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen, Verbrennungen ersten Grades, Sonnenbrand und Muskelschmerzen. Auch bei Nervenschmerzen, Hexenschuss, Ischias, Gürtelrose und rheumatischen Beschwerden sowie Bettnässen werde Johanniskrautöl eingesetzt. Zudem eigne sich Rotöl zur Pflege trockener Haut.

Johanniskraut gegen Depressionen

Innerlich angewendete Johanniskrautextrakte haben laut Mayer zahlreiche Wirkungen auf den menschlichen Körper. Hypericin wirke sich positiv auf das Nervensystem sowie auf die nächtliche Ausschüttung des Hormons Melatonin aus, das an einem gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt ist. Aufgrund dieser Effekte wurde Johanniskraut als Mittel gegen leichte bis mittelschwere Depressionen, bei psychovegetativen Störungen, Angstzuständen und nervöser Unruhe zugelassen. „Ebenfalls sinnvoll ist der Einsatz bei Winterdepressionen, Schlafstörungen wegen leichter Depressionen und bei entsprechenden Symptomen in den Wechseljahren“, heißt es in der Mitteilung des Studienkreises. Eine Wirksamkeit gegen schwere Depressionen konnte nicht nachgewiesen werden.

Vorsicht vor Wechselwirkungen mit Medikamenten!

Bei der Kombination von Johanniskraut mit anderen Arzneimitteln kann es zu starken Wirkungsverlusten kommen. Hoch dosierte Johanniskrautpräparate sind daher nur in der Apotheke erhältlich. Ab einer Tagesdosis von 600 Milligramm können laut Angaben des Studienkreises Wechselwirkungen mit Arzneistoffen aus dem Bereich der Antidepressiva, der Immunsupressiva oder Anti-HIV-Mittel auftreten. Ebenso betroffen seien Herzmedikamente wie Digoxin, Blutgerinnungshemmer vom Cumarintyp und vermutlich auch das bronchienerweiternde Mittel Theophyllin. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass Johanniskraut auch die Wirksamkeit von hormonellen Verhütungsmitteln beeinträchtigt, wie der Studienkreis schreibt. Zudem erhöht Hypericin auch die Lichtempfindlichkeit und kann so bei sehr hellhäutigen Menschen zu einer Überempfindlichkeit gegen Licht führen.

Johanniskraut ist eine traditionsreiche Heilpflanze mit Potenzial

Neben den genannten Wirkungsweisen werden Extrakte aus Johanniskraut derzeit gegen Alzheimer sowie in der Krebstherapie getestet, so Mayer. Johanniskraut ist vielseitig einsetzbar – dennoch solltest du im Zweifel auch bei freiverkäuflichen Präparaten Rücksprache mit deinem Arzt halten. Dieser kann dich beraten, ob Johanniskraut für dich geeignet ist.