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Epigenetik – wie vorgeburtliche Einflüsse auf unsere Gesundheit wirken

Im Bereich der Genetik etabliert sich ein neuer Forschungszweig: die Epigenetik. Sie soll zum Verständnis der Entstehung chronischer Erkrankungen beitragen und gewinnt zunehmend an Bedeutung in der Medizin.

In der klassischen Genetik bleiben viele Fragen offen. Zum Beispiel, warum Menschen mit identischem Genom, also Zwillinge, unterschiedliche Krankheiten entwickeln. Mithilfe der Epigenetik sollen solche Fragen geklärt werden können.

Eine entscheidende Rolle für Gesundheit und Krankheit im späteren Leben spielen –neben der genetischer Veranlagung und dem Lebensstil – die verschiedenen Einflüsse in der Prä- und Perinatalperiode, d.h. in der Zeit vor und um die Geburt herum. Diesen Prozess bezeichnet man als fetale Programmierung. Sie führt zur Anpassung des Körpers an besondere Einflüsse, wie Mangel- oder Überernährung. Durch diese Ereignisse kann es zu einer Fehlprogrammierung von Organfunktionen und dem Stoffwechsel kommen. Auf deren Grundlage können sich im späteren Leben chronische Erkrankungen entwickeln. Bereits vor der Geburt wird ein Kind durch die passive Aussetzung der Lebensumstände der Mutter geprägt. Die Ernährungsweise der Mutter sowie ihr Hormonhaushalt und die Beschaffenheit des Mutterkuchens nehmen Einfluss auf den sich entwickelnden Körper. Damit wird auch das gesamte spätere Leben des ungeborenen Kindes beeinflusst. Chronische Krankheiten können somit auch ohne genetische Veranlagung vorprogrammiert werden.

Falsche Programmierung erhöht Risiko für chronische Erkrankungen

Es gibt Belege dafür, dass Nachkommen, welche einer nachteiligen Umwelt während der Zeit im Mutterleib und einem ungünstigen mütterlichen Ernährungszustand ausgesetzt waren, so programmiert sind, dass das Risiko für die Entstehung einer Reihe von chronischen Krankheiten wie Adipositas und Diabetes mellitus erhöht ist und sich der Teufelskreis des Auftretens dieser Erkrankungen über mehrere Generationen hinweg zieht. Bisher wurden nur wenige Studien beim Menschen auf molekularer Ebene durchgeführt, um den Einfluss der Epigenetik in der Stoffwechselprogrammierung des ungeborenen Kindes zu untersuchen. Untersuchungen der Mutterkuchen von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes haben gezeigt, dass bestimmte Änderungen an verschiedenen Genen vorkommen. Diese epigenetischen Markierungen entscheiden, ob ein Gen an- oder ausgeschaltet wird und haben wahrscheinlich funktionelle und langfristige Auswirkungen auf die Regulation des Energiestoffwechsels bei den Kindern. Sie sind in der Lage, die Entwicklung von chronischen Stoffwechselerkrankungen wie Adipositas auszulösen.

Eine wachsende Zahl von Studien hat gezeigt, dass ein hohes Geburtsgewicht das Risiko von Diabetes mellitus Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Erwachsenenalter deutlich erhöht. Es besteht im späteren Leben eine hohe Tendenz zur Entwicklung von Übergewicht und Adipositas, gestörtem Zuckerstoffwechsel und Unempfindlichkeit des blutzuckerspiegelsenkenden Hormons Insulin. Die Beziehung zwischen mütterlichem Übergewicht und dem Risiko für Übergewicht bei den Nachkommen ist gut belegt. Aber auch ein zu niedriges Geburtsgewicht erhöht das Risiko für die Entwicklung von Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gestörtem Zuckerstoffwechsel und Diabetes mellitus Typ 2 im späteren Leben.

Einflüsse auf das ungeborene Kind entscheiden über Gesundheit und Krankheit

Viele Faktoren, die auf den wachsenden Fetus einwirken, können die epigenetische Prägung bzw. fetale Programmierung beeinflussen und wirken sich nachhaltig auf die Gesundheit des Kindes im späteren Leben und sogar auf nachfolgende Generationen aus. Zu diesen Einflüssen gehören unter anderem Rauchen der Mutter in der Schwangerschaft, das Ausgesetzsein von Abgasen und Umweltgiften, Über- und Unterernährung, die Versorgung mit Mikro- und Makronährstoffen bis hin zur Geburt per Kaiserschnitt. Mit anderen Worten könnte man beschreiben, dass ein Kind im Mutterleib durch jegliche äußere Umstände geprägt wird.

Die Forschung hierzu steckt noch in den Kinderschuhen und bietet ein großes Potenzial, sodass mit der Umsetzung neuer Erkenntnisse und Empfehlungen Fehlprogrammierungen vorgebeugt werden können. Die epigenetischen Mechanismen sind noch weitestgehend unbekannt. Hier gibt es noch großen Forschungsbedarf, um in Zukunft entsprechende Therapien zu entwickeln und Primärprävention zu betreiben.

Ein wichtiges Instrument ist das Diabetes-Screening bei schwangeren Frauen. Bei früher Diagnose ist der Schwangerschaftsdiabetes gut behandelbar und kann nachfolgende Generationen vor einem gestörten Zuckerstoffwechsel schützen sowie das Gesundheitssystem entlasten. Frauen, die schwanger werden wollen, sollten Normalgewicht anstreben, sich sportlich betätigen, auf eine ausgewogene Ernährung achten und Umweltgifte und Schadstoffe wie Nikotin meiden.

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